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Geschichten aus dem Sternengarten - Faith

Faith

Luna_ geschichte vom 12.03.2023.jpg

 

Der Nachthimmel funkelte und schimmerte in leuchtenden Goldschattierungen, während die ungleichen Schwestern Luna und Lilly den Neuankömmlingen vorführten, wie man mit Hilfe des magischen Sternenstaubs Träume auf die Erde sendet.

Diese Übungsstunden waren überaus beliebt im Sternengarten.

Bald wirbelte überall am Ausguck Sternenstaub durch die Luft, dem die dort aufgereihten Pferde, Hunde und Katzen hoffnungsvoll hinterherblickten.

Meist drehte der goldene Staub nur ein paar Runden in der Luft, leuchtete kurz auf, um dann wieder zu verglühen.

Nur den wenigsten Sternengartenbewohnern gelingt es auf Anhieb, einen Traum mit dem Sternenstaub zu verweben. Noch schwieriger war es, diesen Traum dann auch Richtung Erde zu senden. Zur richtigen Zeit, an den richtigen Ort, zum richtigen Träumer.

Dazu benötigt man magische Begabung und Übung. Das wusste auch der kleine Faith.

Er hatte magische Begabung! Jede Menge davon, da war er sich ganz sicher, Madame Lilly hatte ihm das auch schon gesagt. Aber wenn er nicht mit den anderen üben durfte, dann würde er wohl niemals selbst Träume an seine Pflegemama senden können.

 

"Bitteeeee, Krümelchen, bitteeeee, Tante Melody ... nehmt mich doch mit.

Diesmal stelle ich auch bestimmt nichts an, versprochen! ..."

Krümelchen, die stets dazu neigte, dem kleinen Faith jeden Wunsch von der rosa Nasenspitze abzulesen, zögerte kurz. Aber Melody schüttelte bedauernd mit dem Kopf:

"Tut mir sehr leid, Kleiner aber Ich denke, das wäre keine so gute Idee. Seit du Zorn alles über die Magie des Sternestaubs erzählt hast, passieren seltsame Dinge im Sternengarten.

Wir konnten ihn bis heute nirgends finden. Niemand weiß, was er als Nächstes vorhat. Lass noch ein wenig Gras über die Sache wachsen.

Wir wissen, dass du nur höflich sein wolltest, als du einem wütenden Fremden all unsere magischen Geheimnisse ausgeplaudert hast.

Lilly wird sicher bald vergessen, was passiert ist, so wie sie immer alles vergisst ... und Madame Luna hat bald wieder andere Dinge im Kopf. Warte noch ein Weilchen, beim nächsten Mal nehmen wir dich mit, versprochen!"

Faith sah den beiden Katzen Freundinnen enttäuscht nach. Er wäre zu gerne bei dem magischen Unterricht dabei gewesen. Aber Melody hatte Recht. Vielleicht sollte er wirklich noch etwas abwarten, ehe er Madame Luna erneut darum bitten würde.

Na gut, dann würde er sich eben so lange ein wenig mit Mrs. Marple vergnügen. Er mochte die alte Schildkrötendame. Besonders gerne mochte er die spannenden Geschichten, die sie ihm immer erzählte. Doch dann sah er etwas, das schien noch spannender zu sein, als ein Besuch bei Mrs. Marple auf der Gänseblümchen-Wiese. Ein Neuankömmling! Und niemand ausser ihm zur Stelle, ihn zu begrüßen.

Diesmal würde er alles richtig machen.

Faith sah sich noch einmal kurz um, ob ihn niemand von den erwachsenen Katzen beobachtete, dann lief er dem Neuen entgegen. Es war ein Kater, nicht mehr ganz jung, noch nicht alt und er war in einem schrecklichen Zustand.

"Guten Tag. Ich bin Faith. Herzlich willkommen im Sternengarten. Wie heißt du? Hattest du einen Namen auf der Erde?"

Faith tat so, als wäre es die natürlichste Sache von der Welt, dass sein Gegenüber ein verschmutztes und blutverkrustetes Fell hatte, dass tiefe Löcher in seinem Gesicht klafften und dass sein Körper von Hunger gezeichnet war. Das war Nebensache. Bald würde die Magie des Sternengartens ihre Wirkung entfalten, wie bei allen Neuankömmlingen.

Die klaffenden Wunden hatten bereits begonnen, sich zu schließen.

Viel wichtiger war, herauszufinden, ob der neueste Bewohner freundlich oder gefährlich war.

"Meine Retterin nannte mich ihren "Tapferen Helden", weil ich all die Schmerzen so geduldig ertragen habe und mich so gerne von ihr streicheln ließ. Zählt das als Name?

Leider konnte sie mir nicht mehr helfen. Die Wunden waren zu tief. Ich war zu lange mit diesen Verletzungen allein auf der Straße. Niemand hat mich gesehen, bis sie kam und mich von der Straße holte. Ehe ich gehen musste, durfte ich mich noch einmal richtig satt essen. Das war das beste, was mir jemals im Leben passiert ist.

Wo bin ich hier? Was passiert als nächstes?"

Faith blinzelte den neuen Besucher aufmunternd an.

Diesmal war er sich seiner Sache ganz sicher! Der Neue war nicht gefährlich, er war eindeutig freundlich. Und er sah so aus, als könnte ein wenig Hilfe beim Ankommen nicht schaden.

Das würde Madame Luna bestimmt gefallen, wenn sie davon erfuhr.

Bei dieser Gelegenheit wollte er die kluge Luna auch endlich fragen, warum die kranken, verletzten und sterbenden Straßenkatzen auf der Erde immer unsichtbar wurden.

Er grübelte seit ewig darüber, welcher böse Zauber dafür verantwortlich war.

Warum konnten manche Menschen diesen Zauber durchbrechen? Wie kam es, dass einige wenige das Leid trotzdem sehen konnten und andere nicht?

Aber jetzt würde er dem tapferen Helden erst einmal zeigen, wie schön es hier in Lunas Sternengarten war:

"Wenn du magst, führe ich dich ein bisschen herum, bis die anderen fertig sind. Vielleicht fangen wir am besten mit der Küche an.

Wenn du gerne isst, dann wird es dir hier bestimmt gefallen.

Hast du schon einmal von Irons legendären "Maus-au-chocolate" Plätzchen gehört?

Ich weiß, wo er immer ein paar davon auf Vorrat für besondere Gäste aufbewahrt.

Er denkt, ich weiß nicht, wo er sie versteckt hat."

Faith kicherte vergnügt.

"Aber du darfst mich nicht verraten.

Komm, lass uns gehen... "

Dann fiel Faith plötzlich ein, dass er dem neuesten Sternengartenbewohner noch nicht auf seine Frage geantwortet hatte.

"Du wolltest wissen, wo du jetzt bist?

Du bist jetzt Zuhause. Du bist endlich angekommen, tapferer Held."

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