Geschichten aus dem Sternengarten
Und Jimmy ging zum Regenbogen ...
Er stieg zögerlich die Rampe zum Hänger hoch. War es jetzt wieder einmal soweit? Brachte man ihn fort? Wohin würde sein Weg diesmal führen? Was hatte er diesmal falsch gemacht?
Er fühlte sich unendlich müde und hoffnungslos, während er versuchte, eine einigermaßen bequeme Position einzunehmen, in der sein Rücken und die Beine nicht so schmerzten.
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Die Fahrt ins Ungewisse dauerte endlos lange. Er hatte viel Zeit, um nachzudenken.
Ob die schrecklichen Geschichten stimmten, die man sich in Pferdekreisen erzählten, dass am Ende einer solchen Fahrt manchmal ein Schlachthof und der Pferdemetzger warten?
Die Fahrt in den Tod.
Könnte das gerade auch ihm passieren?
Er war immer bemüht, brav und gehorsam zu sein, selbst wenn die Anforderungen seiner diversen Besitzer ihm Schmerzen bereiteten.
Einige hatten ihm sogar absichtlich weh getan! Er hatte immer alles geduldig ertragen.
Wofür sollte er also bestraft werden?
Und dann überlegte er weiter...
Vielleicht wäre der Tod gar keine so üble Lösung. Er war müde, unendlich müde ... und hoffte nur, dass es schnell gehen würde.
Sein wunderschöner Traum von einem Pferdehof am Ende des Regenbogens, wo er für immer bleiben dürfte,
der Traum von grünen Weiden, von Menschen, die ihn umsorgten, Menschen die ihn liebten und nichts von ihm forderten was er nicht leisten konnte... ein richtiges Zuhause...dieser Traum war längst an der Realität gescheitert.
All die Jahre, immer andere Besitzer... er hatte sich stets angestrengt, es ihnen recht zu machen und war trotzdem immer weitergereicht worden.
Sein Ende des Regenbogens hatte er doch nie gefunden.
Früher hatte er während der langen Fahrten zum nächsten Besitzer noch davon geträumt. Das war lange her!
Es ist nicht gut, auf etwas zu hoffen, was niemals eintreffen wird.
Wer sollte ihn noch wollen? Jetzt weniger denn je, denn er war alt, krank, gebrochen ... und weit entfernt von den Schönheitsidealen der meisten Pferdekäufer.
Er konnte niemanden mehr auf seinem schmerzenden Rücken tragen. Seine Zeit war vorbei.
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Der Hänger kam zum Stillstand. Jetzt war es also soweit!
Ergeben folgte er der führenden Hand am Halfter die Rampe hinunter, den Kopf hielt er gesenkt ... er wollte nicht sehen, was es gleich zu sehen gab.
Die Pferdehändlerin tätschelte ihm zum Abschied über die Flanke und sagte etwas.
"So Jimmy ... oder wie immer du bald heißen wirst ...hier ist dein neues Zuhause. Ich glaube, es wird dir gefallen ..."
Hatte sie gerade gesagt "Zuhause" ???
Er spitzte die Ohren und hob den Kopf.
Was er dann sah und hörte, ließ sein müdes Pferdeherz vor Freude schneller schlagen.
Ein Pferdehof, umgeben von grünen Weiden und in der Ferne konnte er bereits die Geräusche der anderen Pferde hören.
Er kannte diese Geräusche. So klangen glückliche Pferde!
Was für ein wunderschöner Ort ...
Eine Frau kam ihnen aus dem Gebäude entgegen. Sie musterte ihn lange und ihr Blick schien für einen kurzen Moment ein wenig traurig. Aber vielleicht hatte er sich das nur eingebildet, denn gleich darauf lächelte sie ihn an.
Sie kam näher und flüsterte leise, so dass nur er es hören konnte:
"Willkommen Zuhause, Jimmy. Wir haben dich bereits erwartet.
Jetzt bist du endlich angekommen!
Hier ist das Ende deiner langen Reise...
Hier darfst du für immer bleiben. Versprochen!"
Vielleicht möchtest du dich erst ein wenig ausruhen, ehe wir uns kennenlernen?"
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Jimmy schloss kurz die Augen, während sich Glücksgefühle und Hoffnung wie Medizin in seinem schmerzenden Körper ausbreiteten.
Wenn das jetzt kein Traum war, dann hatte er es doch noch geschafft!
Nach einer langen und beschwerlichen Lebensreise, war er jetzt endlich am Ende seines Regenbogens angekommen...
in einem wunderschönen Zuhause, wo er für immer bleiben durfte.
Sie würde ihn nicht wieder wegschicken, wie all die anderen Besitzer vor ihr.
Das hatte er deutlich in dem Tonfall ihrer sanften aber entschlossenen Stimme gehört.
Und dann machte er seine ersten zaghaften Schritte ins Glück ...
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Luna sass am Rande des Sternengartens und wischte sich verstohlen ein Tränchen aus den Augen.
Sie schickte eine letzte große Wolke Sternenstaub auf die Erde.
Der Staub glitzerte noch einmal in allen Farben des Regenbogens, ehe er auf ein Pferd herunter rieselte, das gerade selig seine neue Box bezog.
Die alte Katzendame nickte ihrem neuesten Gast zu und schniefte gerührt.
"Ich wollte dir gerne zeigen, wer deinen Platz auf der Erde auf dem Pferdehof einnehmen darf und wie sehr er sich darüber freut.
Jimmy fand endlich sein Zuhause.
Ich glaube, Emmely, da haben wir jemanden sehr glücklich gemacht!
Hast du Ballerina schon getroffen?
Eigentlich sollte sie sich um die neuen Pferdegäste im Sternengarten kümmern!"
"Komm mit, ich stelle dich den anderen vor!
Meine Schwester Lilly wird hingerissen sein, wenn sie dich sieht!
Sie hat eine Schwäche für Pferde..."
Luna warf noch einmal einen kurzen Blick über den Rand des Sternengartens und freute sich an der Freude ihres Menschen, die gerade das Telefon beiseite legte und strahlend etwas in die Tastatur tippte:
"Happy End" ...
(Bettina Marie Schneider- Gutes Karma to go)
Wenn ihr gerne mehr über Jimmy in seinem neuen Zuhause erfahren möchtet:
Interessengemeinschaft Freizeit mit Pferden und Pferdeschutz e.V.